Burnout bei Lehrerinnen – eine stille Gefahr
Burnout entwickelt sich schleichend. Es beginnt nicht mit einem Zusammenbruch, sondern mit kleinen Veränderungen, die oft übersehen werden. Gerade Lehrerinnen sind besonders gefährdet – durch hohe emotionale Anforderungen, Perfektionismus, mangelnde Anerkennung und die ständige Gratwanderung zwischen pädagogischem Anspruch und schulischer Realität4.
Die WHO definiert Burnout als ein Syndrom, das aus chronischem Stress am Arbeitsplatz entsteht und sich in drei Hauptdimensionen zeigt:
- Emotionale Erschöpfung
- Zynismus oder Distanzierung vom Beruf
- Verminderte Leistungsfähigkeit
Doch wie zeigt sich das konkret im Schulalltag?
5 Warnzeichen für ein drohendes Burnout bei Lehrerinnen
⚠️ Warnzeichen 1: Tiefe Erschöpfung – trotz Schlaf und Ferien
Viele Lehrerinnen berichten von einer Müdigkeit, die weit über normale Erschöpfung hinausgeht. Sie fühlen sich „wie Blei“, selbst nach einem Wochenende oder den Ferien. Der Schlaf bringt keine Erholung, sondern verstärkt das Gefühl von Ausgelaugtheit.
Typische Symptome:
- Morgendliches Aufwachen mit dem Gedanken: „Ich kann nicht mehr“
- Kein Energiegefühl – selbst bei kleinen Aufgaben
- Körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Verspannungen, Magenprobleme
- Häufige Infekte durch geschwächtes Immunsystem
Diese Form der Erschöpfung ist ein zentrales Warnsignal – und sollte nicht mit „normalem Stress“ verwechselt werden.
⚠️ Warnzeichen 2: Zynismus und emotionale Distanz
Ein weiteres deutliches Zeichen ist die emotionale Entfremdung vom Beruf. Lehrerinnen, die früher mit Begeisterung unterrichtet haben, empfinden plötzlich Gleichgültigkeit oder sogar Ablehnung gegenüber Schüler:innen, Kolleg:innen oder dem System.
Typische Gedanken:
- „Es bringt doch sowieso nichts.“
- „Ich mache nur noch Dienst nach Vorschrift.“
- „Ich kann mich nicht mehr auf die Kinder einlassen.“
Diese Haltung ist nicht Ausdruck von mangelndem Engagement – sondern ein Schutzmechanismus. Sie entsteht, wenn die emotionale Belastung zu groß wird und keine Entlastung erfolgt.
⚠️ Warnzeichen 3: Reizbarkeit und Rückzug
Burnout zeigt sich auch in der Veränderung des sozialen Verhaltens. Lehrerinnen reagieren gereizt, ziehen sich zurück, vermeiden Gespräche im Lehrerzimmer oder schulische Veranstaltungen.
Typische Verhaltensweisen:
- Überempfindlichkeit bei kleinen Störungen
- Konflikte mit Schüler:innen, Eltern oder Kolleg:innen
- Vermeidung von Austausch und Teamarbeit
- Gefühl von Isolation und „Niemand versteht mich“
Dieser Rückzug verstärkt die Belastung – denn soziale Unterstützung ist ein zentraler Schutzfaktor.
⚠️ Warnzeichen 4: Konzentrationsprobleme und Entscheidungsunsicherheit
Burnout wirkt sich auch auf die kognitive Leistungsfähigkeit aus. Lehrerinnen berichten von Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, den roten Faden zu behalten oder Entscheidungen zu treffen.
Typische Anzeichen:
- Vergesslichkeit bei Unterrichtsvorbereitung
- Unsicherheit bei Bewertungen oder pädagogischen Entscheidungen
- Gefühl von „Ich kriege nichts mehr hin“
- Überforderung bei komplexen Aufgaben
Diese Symptome beeinträchtigen nicht nur die Unterrichtsqualität – sondern auch das Selbstwertgefühl.
⚠️ Warnzeichen 5: Verlust von Freude und Sinn
Vielleicht das deutlichste Zeichen: Die Arbeit, die früher erfüllend war, wird zur Last. Lehrerinnen empfinden keine Freude mehr am Unterrichten, keine Motivation, keine Begeisterung.
Typische Gedanken:
- „Ich mache das nur noch, weil ich muss.“
- „Ich habe keine Kraft mehr, mich zu engagieren.“
- „Ich weiß nicht, warum ich das überhaupt noch tue.“
Dieser Verlust von Sinn ist ein zentrales Merkmal des Burnouts – und oft der Punkt, an dem Hilfe dringend notwendig wird.
Was jetzt hilft – Strategien gegen das drohende Burnout
Nachdem wir die fünf häufigsten Warnzeichen beleuchtet haben, geht es nun darum, konkrete Wege aus der Überlastung zu finden. Denn: Burnout ist nicht unausweichlich. Wer frühzeitig reagiert, kann viel bewirken – für sich selbst, für die Schüler:innen und für das gesamte Kollegium.
Schritt 1: Warnzeichen ernst nehmen – und nicht bagatellisieren
Der erste und wichtigste Schritt ist die Anerkennung. Viele Lehrerinnen neigen dazu, Symptome zu ignorieren oder als „normalen Stress“ abzutun. Doch je früher Sie sich eingestehen, dass etwas nicht stimmt, desto besser können Sie gegensteuern.
Fragen zur Selbstreflexion:
- Fühle ich mich regelmäßig erschöpft – auch nach freien Tagen?
- Habe ich das Gefühl, mich emotional von meinem Beruf zu distanzieren?
- Reagiere ich häufiger gereizt oder ziehe mich zurück?
- Habe ich Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren oder Entscheidungen zu treffen?
- Fehlt mir die Freude an meiner Arbeit?
Wenn Sie mehrere dieser Fragen mit „Ja“ beantworten, ist es Zeit zu handeln.
Schritt 2: Selbstfürsorge etablieren – nicht nur als „Nice-to-have“
Selbstfürsorge ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Lehrerinnen brauchen regelmäßige Erholungsphasen, emotionale Entlastung und Raum für sich selbst.
Konkrete Maßnahmen:
- Pausen bewusst gestalten: Nicht durcharbeiten, sondern echte Erholungspausen einplanen – auch im Schulalltag.
- Atemübungen & Achtsamkeit: Kleine Rituale wie 5-Minuten-Meditationen oder Atemtechniken helfen, Stress zu regulieren.
- Bewegung & Natur: Spaziergänge, Yoga oder Sport sind bewährte Mittel gegen Erschöpfung und Grübelschleifen.
- Digitale Entgiftung: Handy und Laptop bewusst ausschalten – besonders abends und am Wochenende.
- Freizeit aktiv pflegen: Hobbys, soziale Kontakte und kreative Tätigkeiten stärken die Resilienz.
Schritt 3: Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen – ohne Scham
Burnout ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Signal, dass etwas nicht mehr stimmt. Professionelle Unterstützung kann helfen, Ursachen zu erkennen und neue Wege zu finden.
Mögliche Anlaufstellen:
- Hausärzt:innen oder Psychotherapeut:innen
- Schulpsychologische Beratungsstellen
- Coaching-Angebote für Lehrkräfte
- Supervision oder kollegiale Fallberatung
- Reha- oder Klinikangebote bei schwerem Burnout
Wichtig: Je früher Sie Hilfe suchen, desto besser sind die Chancen auf nachhaltige Erholung.
Schritt 4: Austausch im Kollegium – statt Rückzug
Viele Lehrerinnen fühlen sich mit ihren Problemen allein. Doch oft geht es anderen ähnlich. Ein offener Austausch kann entlasten, neue Perspektiven eröffnen und das Gefühl von Gemeinschaft stärken.
Impulse für mehr Miteinander:
- Kollegiale Gesprächsrunden oder „Burnout-freie Zonen“
- Gemeinsame Pausen oder Spaziergänge
- Austausch über Entlastungsstrategien
- Gemeinsame Fortbildungen zu Stressmanagement
- Unterstützung bei schwierigen Eltern- oder Schülergesprächen
Schritt 5: Arbeitsorganisation überdenken – weniger ist oft mehr
Ein zentraler Stressfaktor im Lehrerberuf ist die Arbeitsmenge. Viele Lehrerinnen versuchen, alles perfekt zu machen – und brennen dabei aus. Eine realistische Planung und Priorisierung kann helfen, den Druck zu reduzieren.
Tipps für besseres Zeitmanagement:
- To-do-Listen mit Prioritäten: Was ist wirklich wichtig – und was kann warten?
- „Gut genug“ statt „perfekt“: Qualität statt Perfektionismus.
- Delegieren lernen: Aufgaben abgeben – auch an Schüler:innen oder Kolleg:innen.
- Nein sagen üben: Grenzen setzen, wenn es zu viel wird.
- Routinen etablieren: Struktur hilft, Energie zu sparen.
Schritt 6: Systemische Veränderungen einfordern – gemeinsam stark
Burnout ist nicht nur ein individuelles Problem – sondern oft auch ein strukturelles. Überlastung entsteht durch große Klassen, knappe Ressourcen, ständige Reformen und mangelnde Anerkennung. Lehrerinnen sollten sich zusammenschließen, um Veränderungen zu bewirken.
Mögliche Ansätze:
- Gespräche mit der Schulleitung über Entlastung
- Beteiligung an schulischen Gesundheitsprogrammen
- Mitwirkung in Lehrervertretungen oder Gewerkschaften
- Forderung nach Supervision, Fortbildungen und Prävention
- Öffentlichkeitsarbeit für bessere Arbeitsbedingungen
Fazit: Burnout bei Lehrerinnen ist vermeidbar – mit Mut, Klarheit und Unterstützung
Burnout bei Lehrerinnen ist eine reale Gefahr – aber keine unausweichliche. Wer die Warnzeichen erkennt, sich selbst ernst nimmt und aktiv gegensteuert, kann viel bewirken. Selbstfürsorge, Austausch, professionelle Hilfe und systemische Veränderungen sind die Schlüssel zu mehr Balance und beruflicher Erfüllung.
Denn: Nur wer gut für sich sorgt, kann auch gut für andere da sein.